Im Jahr 1844 veröffentlichte der Dichter Heinrich Heine seinen satirisches Epos "Deutschland. Ein Wintermärchen" in Versen über seine Reise aus seinem französischen Exil nach Deutschland, das damals noch aus einer Anzahl von Kleinstaaten bestand. Heine ging 1831 nach Frankreich, weil er in deutschen Landen wegen seiner jüdischen Herkunft und demokratischen Ansichten, der Kritik an Zensur und Deutschnationalismus unter politischen Druck geraten war. Wenn man nun Heines Gedichtzyklus heute liest, so hat sich an der Situation so gut wie gar nichts verändert. Statt Zensur gibt es Anordnungen des deutschen Kanzlers zur Stationierung neuer atomwaffenfähiger Mittelstreckenraketen der USA ganz ohne parlamentarische Beschlüsse, gegen die am Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober sich heftiger Protest richtet unter dem Motto "Dialog statt Atomtod". Wenn eine grüne deutsche Außenministerin den Erfolg der Partei "BSW - Bündnis Sahra Wagenknecht" als russische Propaganda abqualifiziert und somit auch diesen Protest für den Frieden, dann muss hier erwähnt werden, dass diese Außenministerin auf den Kriegsdienst ihres Großvaters Baerbock als Offizier der Deutschen Wehrmacht im NS-Vernichtungskrieg in Osteuropa im Zweiten Weltkrieg stolz ist, der Apfel fällt nicht weit vom Stamm. Schon einmal gab es in den 1980er Jahren Proteste gegen die Stationierung US-amerikanischer Atomraketen, an denen sich auch mit Heinrich Böll ein Literaturnobelpreisträger und die Gründungspersönlichkeiten der bundesdeutschen Grünen beteiligten. Damals existierten noch mit der BRD und der DDR zwei deutsche Staaten, die dank Gorbatschows Vision von einem Haus Europa Geschichte wurden. Allerdings kam es nicht zu einer deutschen Wiedervereinigung sondern zum Anschluß der DDR an die BRD am 3. Oktober 1990. Zweimal versuchte sich die Bundesrepublik Deutschland als Sommermärchen zu verkaufen, bei der Fußballweltmeisterschaft 2006 und der Fußballeuropameisterschaft 2024. Deutschland wird wegen des realen Anschlußmärchens kein Sommermärchen, bleibt in Heines Sinn ein Wintermärchen.

Herbert Gantschacher ist Autor, Regisseur und Produzent