"Eine seltsame Krankheit ist ausgebrochen, die Soldaten können nicht sterben" heißt es in Viktor Ullmanns Anti-Kriegsoper "Der Kaiser von Atlantis oder Die Todverweigerung". Darin greift Ullmann auf seine eigenen Kriegserfahrungen in der 12. Isonzoschlacht zurück, da musste mein Großvater als Teil der Spezialkräfte der k.u.k. Wehrmacht die vergasten Stellungen mit ermordeten italienischen Soldaten durchkämmen. Bei Ullmann führte dies zu einer lebenslangen Beschäftigung mit dem Thema, von 1917 bis 1944 arbeitete an seiner Anti-Kriegsoper, am 18. Oktober 1944 wurde er in Auschwitz-Birkenau mit Giftgas ermordet. Das 20. Jahrhundert sollte uns lehren, dass Krieg kein einziges Problem löst, dass Waffen keinen Frieden, keine Arbeitsplätze sondern nur Ruinen schaffen. Es ist eine Frage der Bildung, um dies zu begreifen. Bildung beginnt in der Schule. Russlands Präsident Putin bezieht die Informationen zur Geschichte aus seiner Schulzeit, die in die Sowjetzeit von Leonid Breschnew fiel. In der UdSSR war Putin Geheimdienstagent, ab 1992 Vizebürgermeister von St. Petersburg im Oblast Leningrad, bis heute haben die Verwaltungsbezirke ihre sowjetischen Namen behalten. In seinem Geschichtsverständnis übt Putin scharfe Kritik an der russischen Politik des 20. Jahrhunderts vom Revolutionär Lenin bis zum Reformer Gorbatschow und lässt dabei nur einen weitgehend aus, Breschnew, dessen Amtszeit für Menschen in der UdSSR im Lebensstandard zur besten zählte. Tatsache aber ist, dass Breschnew mit Zensur und militärischer Gewalt agierte, um 1968 den Prager Frühling zu beenden, 1979 in Afghanistan einzumarschieren, oder 1981 das Kriegsrecht in Polen verhängen zu lassen als Politik der begrenzten Souveränität. Um dieses Modell 2022 in der souveränen Ukraine durchzusetzen, wird militärische Gewalt angewandt nach dem Vorbild der völkerrechtswidrigen Okkupation des Irak im Jahr 2003, ein Kriegsverbrechen, für das US-Präsident Bush und der britische Premierminister Blair nie zur Verantwortung gezogen wurden.
Herbert Gantschacher ist Regisseur, Autor und Produzent